Stadtgrün: Diese Initiativen setzen sich in Aachen ein


Foto Kaiserplatz: Manuela Batlle

Städte brauchen Grünzonen. Sie bekämpfen Temperaturextreme, sorgen für Frischluft, bieten Lebensraum für Insekten, Vögel und Kleintiere und dienen den Menschen als Naherholungsgebiete. In Aachen setzen sich diverse Initiativen und Organisationen für Stadtgrün und gegen Insektensterben ein. Wir haben Initiativen und Statements zusammengetragen, als Ideensammlung was nachgeahmt werden oder wo man mitmachen kann.

Urban Gardening in Aachen

Foto Hirschgrün 2019: Manuela Batlle

Um das Leben in der Stadt grüner zu gestalten, sind urbane Gemeinschaftsgärten eine abwechslungsreiche Freizeitbeschäftigung für Jung und Alt. Auch in Aachen kann man an solchen Projekten mitarbeiten. Beispielsweise ist der Garten Hirschgrün in der Richardstraße schon seit einigen Jahren ein beliebter Treffpunkt für alle, die Spaß am gemeinsamen Gärtnern haben. Gegründet wurde er vom Gemeinschaftsgärten Aachen e. V., der bislang auch den Garten Vielfeld neben dem NAK verwaltete. Dieser befindet sich jedoch zurzeit im Umbruch und soll voraussichtlich von einer Schule übernommen werden.
Im Hirschgrün werden immer noch fleißig Gemüse und Kräuter angepflanzt und geerntet. Dank der motivierten Mithelfer wurde der Gemeinschaftsgarten im April dieses Jahres beim Sonderwettbewerb „Soziale Natur – Natur für alle“ der UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnet. Planungstreffen finden an jedem zweiten und vierten Montag des Monats um 18:00 Uhr statt, der Garten steht aber jederzeit fürs Arbeiten oder Entspannen zur Verfügung. Dies kann man auch im interkulturellen Gemeinschaftsgarten „Neue Wurzeln“ in Aachen-Forst, der ebenfalls offen für neue Gärtner ist.

Kontaktadressen:
facebook.com/EssbaresAachen
facebook.com/neuewurzeln

Beetpatenschaften: Das grüne Patenkind

 

Beetpatenschaft Kasinostraße | Foto: Birgit Franchy
Foto Kaiserplatz: Manuela Batlle

Für Patenkinder hat man eine besondere Verantwortung – diese Verantwortung haben über 750 Bürger im Stadtgebiet für ein Stückchen Land vor ihrer Haustüre übernommen. Als „Grünpaten“ hegen und pflegen sie Beete am Wegesrand, wässern und säubern diese. 400 Patenschaften gibt es alleine in der Innenstadt, die älteste bereits seit 1986. 
Auch die Suchthilfe Troddwar vom Kaiserplatz macht mit, mit ihrem Projekt Querbeet (unser Artikel zum Thema) sorgt sie für eine fröhliche Blumenpracht an Kaiserplatz, im Frankenberger Viertel und beim Café Plattform.
Wer sich ebenso für eine Grünpatenschaft interessiert, muss sich an die Stadt Aachen wenden:
Aachener Stadtbetrieb, 0241 432-18555
gruenpatenschaft@mail.aachen.de

Nachahmenswert: Gemüse- und Obstbeet in der Amyastraße

Brunnen Amyastraße nachher | Foto: Birgit Franchy
Brunnen Amyastraße vorher | Foto: Birgit Franchy

Im Vorhof der Amyastraße 43 wächst derzeit in einem kleinen Beet allerlei Gemüse und Obst. Der alte Brunnen wurde vom „Aachener Verein zu Förderung psychisch Kranker und Behinderter e. V.“ umfunktioniert und spendet nun dem grauen Vorhof ein wenig grün. Entstanden ist die Idee nachdem der heiße Sommer 2018 die Pflanzen dort ausgetrocknet hatte. Einer der Herren aus dem Vereins begann dann das Beet wieder bereit für neue Bepflanzung zu machen, was viel Zeit und Mühe kostete. Dies war jedoch mit Hilfe zu bewältigen und schon bald war der Brunnen wieder ein voll funktionelles Beet. Für die erste Bepflanzung spendeten Mitarbeiter Pflanzen aus ihren eigenen Gärten und das Tomatendach wurde auch selbst zusammengezimmert. Ebenso bauten sie eine gespendete alte Karre zum Aquamobil um, damit das Gemüse trotz fehlendem Wasseranschlusses seine nötige Wasserzufuhr bekommt, erzählt Frau Knittel vom Verein. Nach erfolgreicher Ernte landet das Obst und Gemüse gerne auch mal auf der Speisekarte ihrer Wohnanlagen. Auch für das folgenden Jahr wird schon fleißig geplant wie das Beet begrünt werden soll. Über Salat und Spinat stehen auch Wildkräuter auf der Ideenliste. Der Verein möchte auch die Bepflanzung aus Saattütchen versuchen und die einzelnen wachsenden Gemüsesorten beschildern. Somit wird das Beet auch weiterhin gepflegt und grün sein.

Aachener Baumschutzbund: Kampf ums Grün

Klimanotstand, Hambacher Forst, Fridays for Future – das Engagement für effiziente Klimaschutzmaßnahmen ist in den letzten Jahren zusehends gewachsen. Die Initiative Aachener Baumschutzbund hat diese Dringlichkeit schon lange erkannt und kämpft um die Grünflächen der Stadt.

Betrachtet man die politischen Maßnahmen zur Verbesserung der ökologischen Situation, sind es vordergründig technische CO2-Reduktionsmöglichkeiten, die dabei im Mittelpunkt stehen. Grünflächen, die ebenso für saubere Luft, Bodenverbesserung und Artenvielfalt sorgen, geht es weiterhin an den Kragen. Grotesk wird es, wenn dies gar zur Umsetzung sogenannter Öko-Projekte geschieht. Ein Umstand, den die Initiative Aachener Baumschutzbund so nicht akzeptieren möchte – seit fast acht Jahren setzt sich die Interessengemeinschaft für den Baum- und Grünflächenschutz in der Region ein.

Zunehmende Versteinerung der Stadt
Für ein Engagement vor der Haustür gibt es ausreichend Gründe, schwinden in Aachen doch immer mehr Grünbestände auf Kosten verschiedener Baumaßnahmen und Nutzungsänderungen. Die Initiatoren des Bündnisses fassen zusammen: „Neubegrünungen und Ausgleichsmaßnahmen sind in der Regel nicht nur unzureichender Ersatz und brauchen lange Zeit, sich zu entwickeln, sie sind auch kostenintensive Aufwendungen, die unnötig sind, wenn man Bäume und Grünflächen erhält und einfach mehr Natur zulässt.“ Und so hat die zunehmende Versteinerung in der Stadt laut der Initiative viele Gesichter: Radschnellwege mit rücksichtsloser Trassenführung, ein neues Gewerbegebiet Ecke Madrider Ring/Eisenbahnweg, das Bauprojekt Luisenhöfe sowie Süsterfeld, das durch die Campus-West-Erweiterungen fortwährend zubetoniert wird. Im Gegenzug schwinden Acker- und Grünflächen, artenreiche Biotope und Kleingärten.
Kann die Initiative Aachener Baumschutzbund entsprechende Verhinderungen durchsetzen? Nein – aber sie kann mahnen, kritisieren und das schrittweise Artensterben aufzeigen. Hierzu trifft man sich jeden 1. und 3. Dienstag im Monat um 18:30 Uhr im Café Mundo im Welthaus, An der Schanz 1.
aachener-baumschutz.de

Bürgerinitiative Luisenhöfe: Urbane Wildnis

Foto: Karsten Schellmat

Während man sich an vielen Stellen mehr Grün wünscht, gibt es dies an anderen schon. Doch wie lange noch? Ein Appell zum Erhalt des „Boxparks“ von Karsten Schellmat, Bürgerinitiative Luisenhöfe.

Mitten im Block zwischen Boxgraben, Südstraße und Reumontstraße gibt es eine verwilderte Fläche – mittlerweile bekannt als Boxpark. Im Frühjahr und Sommer wird man durch eine Vogeluhr – so als wäre man mitten im Wald – geweckt. Wenn man bei dieser lieblichen Geräuschkulisse nicht wieder einschlafen kann, muss man glatt das Fenster schließen.
Im Frühjahr ist nach der Tristesse des Winters eine wahre Explosion des Grüns zu beobachten.
Am Tag sind so viele Bienen und Insekten unterwegs, dass es mittlerweile schon zu in der Südstraße geimkertem Honig reicht.
In den letzten Jahren hat ein Turmfalkenpärchen hier im Block gebrütet und bis zu drei Junge großgezogen.
An den heißen Tagen der letzten beiden Sommer war eine Abkühlung der Luft förmlich greifbar, sobald man sich dem Boxpark genähert hat.
Dies alles ist in direkter Nähe zu einer der meistbefahrenen Straßen in Aachen zu finden – dem Boxgraben. Im gültigen Flächennutzungsplan (FNP) ist der Boxpark und die südlich daran angrenzende Fläche als Grünfläche ausgewiesen. Im Entwurf des FNP*2030 ist diese Fläche, trotz der Ausweisung als klimarelevante Fläche, verschwunden.
Geht es nach dem Willen der Investoren des Projektes Luisenhöfe, wird diese Wildnis massiv gestört. Bis zu einem Viertel des Boxparks wird für den Bau einer Tiefgarage ‚freigeräumt‘ und abgebaggert. An der Südseite wird die Baugrube der angrenzenden Bebauung einen Keil in den Boxpark schlagen. Nach Fertigstellung wird der Boxpark massiv durch neue Bebauung verschattet. Auf den angrenzenden Grünflächen sollen zudem über 30 Bäume gefällt werden.
In Zeiten des Klimanotstands können wir es uns nicht mehr leisten, so mit bestehender urbaner Wildnis umzugehen und weiter Lebensqualität für Mensch und Tier zu zerstören. Der Boxpark muss in seiner verwilderten Form erhalten bleiben.
Weitere Infos gibt es hier: https://luisenhoefe-aachen.de/

Unser Beitrag von 2018 zum Thema:
https://movieaachen.de/2018/10/03/luisenhoefe-anwohner-wollen-bei-stadtplanung-mitreden/

Statement Extinction Rebellion

Die Artenvielfalt auf unserem Planeten schwindet rasant. Laut IPBES (Weltrat für Biologische Vielfalt) sind eine Million Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Urbane Räume sind ein überraschender Hotspot der Artenvielfalt. Die Stadtplanung kann ihren Teil dazu beitragen, Biodiversität zu erhalten: Grüne Städte mit kleinstrukturierten Parks und diversen ökologischen Nischen können ungeahnte Lebensräume eröffnen und ein vielfältiges urbanes Ökosystem prägen. Aber nicht alle Spezies, deren Lebensräume durch menschliche Eingriffe verkleinert werden, können in die Stadt ‚migrieren‘. 30 % der Erdoberfläche sollte als Lebensraum in seinem natürlichen Zustand erhalten bleiben; zurzeit sind es 18 % der globalen Landfläche.
Wir von Extinction Rebellion (dt. Rebellion gegen das Aussterben) stellen uns mit friedlichen und ungehorsamen Aktionen gegen den drohenden Klimakollaps und das Massenaussterben. Unsere Forderungen an die Politik lauten: Die Dringlichkeit des Klimawandels und des ökologischen Massensterbens müssen klar vermittelt und entsprechende Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Deutschland muss bis 2025 die Treibhausgas-Emissionen auf netto null senken. Dafür beraten zufällig ausgeloste Bürger/-innen mit Hilfe von Expertinnen und Experten die Politik, um Entscheidungen treffen zu können, die alle Teile der Gesellschaft berücksichtigen.
Noch ist es nicht zu spät. Wir müssen entschlossen und zeitnah handeln und endlich die Veränderungen beginnen, die schon viel zu lange hinausgezögert wurden.
Hier kann man die Gruppe erreichen: https://www.facebook.com/extinctionrebellionaachen/

Steffi von XR

Weitere Projekte, die wir in eigenen Beiträgen vorgestellt haben:

Afrikagarten: Ein unglaublicher Garten auf einem Tiefgaragendach in Aachen (Link)

Stadtgrün über die Grenze: Bewachsene Bushäuschen in Utrecht, Rooftop-Projekt in Heerlen (Link zum Beitrag)

Projekte „Blütenparadies“ und „FLIP“ wollen Insekten Lebensraum bieten (Link zum Beitrag)

Guerilla Gardening an der Wurm (Link zum Beitrag)

Aachen-Nord: Gelder des Wohnumfeldprogramms warten auf Abruf (Link zum Beitrag)

Doku-Tipps Urbane Landwirtschaft: von städtischen Gemeinschaftsgärten zum Farming in Wolkenkratzern (Link zu den Dokus)

Gerne ergänzen wir weitere Initiativen!

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