An diesem Dienstagabend (17.09.2019) bleibt die Montessori Gesamtschule auch ohne Schüler noch etwas länger geöffnet, denn hier findet um 18:00 Uhr ein Bürgerforum der Stadt Aachen statt. Es geht um einen neuen Vereinsstandort für die Skateanlage des 1. Aachener Skateboard Clubs e. V., da die Nutzung der derzeitigen Fläche im Moltkepark, nach Vereinbarung mit den Anwohnern bei einem Mediationstreffen im Frühjahr, nur noch bis zum 31. Oktober möglich ist, danach muss Schluss sein (s. vorheriger Artikel).
Der Aachener Skateboardclub stellt nun einen Antrag zur Förderung der Jugendarbeit und Skateboardkultur in Aachen und bittet um die Bereitstellung eines neuen Standortes; dazu hat das Bürgerforum alle Interessierten zur einer öffentlichen Diskussion eingeladen.

Engagierte Vereinsarbeit

Nach der Begrüßung aller Anwesenden durch den Ausschuss des Forums, meldet sich Tobias Kleinschmidt, 1. Vorsitzender des Vereins, zu Wort, um den Club und seine Arbeit erst einmal vorzustellen.
Nach einigen allgemeinen Infos bezüglich der Mitgliedschaften des Vereins, dem Vorstand und der Mitgliederzahlen (84 aktiv, davon 7 weiblich, wachsen allerdings stetig), teilt Kleinschmidt noch ein paar Fakten über den Skatesport mit, den viele noch gar nicht als solchen erkennen oder wirklich ernst nehmen: Mittlerweile gibt es deutschlandweit circa 1 Millionen Skateboardfahrer, von denen 200.000 täglich trainieren, ab nächsten Jahr gilt die Sportart sogar als olympisch.
Auch der Verein in Aachen kann die Teilnahme an nationalen Wettbewerben aufweisen; 10 Mitglieder des Clubs sind Teil des Starterfeldes der Deutschen Skateboard Meisterschaft. Bei Contests wie dem Sparkassen-Wettbewerb 2018 konnte der Club den 2. Platz und somit 2.000 Euro ergattern, bei einem RedBull-Contest sogar den ersten Platz und damit finanzielle Unterstützung zum Ausbau der Anlage, die jetzt geschlossen werden muss.
Insgesamt veranstaltet der Verein ungefähr 8 Events pro Jahr, für die jüngeren Anfänger werden außerdem wöchentliche Skatekurse in der Schule am Lousberg und der OGS Driescher Hof angeboten.
Für die selbstständige Arbeit und das außergewöhnliche Engagement der Mitglieder erhielt der Club 2019 dann noch den Förderpreis für Integrationssport der Stadt Aachen.
All diese Erfolge in der bisherigen Laufbahn des noch jungen Vereins machen den Vorstand stolz, trotzdem sei noch viel zu tun, bis der Skatesport in Aachen richtig angekommen ist und respektiert wird.
Der DIY Park am Moltkebahnhof liegt ihnen deshalb so sehr am Herzen, da das ganze Projekt eine Zusammenarbeit von Vielen ist. Bei dieser partizipativen Baustelle hat jeder etwas beigetragen und nicht nur Fleiß, Arbeit und Zeit, sondern auch eigenes Geld investiert.
Für den neuen Standort bräuchte der Verein dann idealerweise einen Container zur Unterstellung aller Geräte oder Ausrüstung, eine Überdachung für jede Wetterlage und eine Art Café als gemeinsamen Treffpunkt. Zur Finanzierung einer solchen Anlage erhofft sich der Club Hilfe durch Crowdfunding, sowie Unterstützung vom Landessportbund, einzelnen Sponsoren und Spenden.

Foto: Janneke Wergen am 20.03.2019

Die Anwohner rund um die bisherige Anlage zeigen sich am Dienstag Abend zwar eher wenig begeistert vom Tatendrang des Vereins, von den Politikern und der Stadtverwaltung gibt es jedoch großen Zuspruch.
CDU und FDP zeigen sich begeistert vom kreativen Potenzial und ehrenamtlichen Engagement des Clubs, versichern des weiteren volle Unterstützung bei ihren nächsten Plänen und wünschen sich bestenfalls nur noch etwas mehr Kooperationen mit Schulen und eine höhere weibliche Mitgliederquote.
Das Jugendamt war anfangs überrascht von dieser plötzlich neuen Skateanlage, später aber schnell beeindruckt und ließ den Verein zunächst auch erst einmal ohne Baugenehmigung weiterbauen – vielleicht der Start zur Entwicklung des heutigen Dilemmas?
Die Grünen interessiert momentan vor allem die Frage nach einer Übergangslösung für die Skater; gäbe es eventuell nicht doch die Chance, solange noch kein Ausgleichsplatz zur Verfügung steht, den alten Park noch etwas länger zu nutzen? Vielleicht wäre ja ein weiteres Mediationstreffen eine Möglichkeit, mit den Anwohnern einen erneuen Kompromiss für diese Phase zu finden.

Anwohner empört

Darauf zeigen sich einige Anwohner empört und missverstanden; viele können nicht glauben, dass zwischen dem Treffen im Februar und der heutigen Veranstaltung ganze sieben Monate vergangen sind, in denen immer noch kein perfekter Standort gefunden wurde.
Die Antwort dazu folgt schnell – die Suche nach dem geeigneten Platz stellte sich viel schwieriger heraus, als anfangs erwartet, denn sämtliche Kriterien wie Lärmschutz, günstige Verkehrsanbindung, Sicherheit oder passender Boden mussten alle berücksichtigt und gewährleistet werden.

Mehr Toleranz für „Stadtlärm“ gefordert

Im Fokus steht nun eine Fläche im Industriegebiet Rothe Erde rund um das ehemalige Philips-Gelände am Bereich des Vennbahnweges im Osten Aachens. Für die Verwaltung müsse nur ein geringer Pachtbetrag gezahlt werden, dann könne es die Zusage für das neue Grundstück geben – klingt ja erst einmal vielversprechend, wenn es dann auch zeitnah dazu kommt.
Und auch die Stadt äußert sich sehr positiv gegenüber des Clubs; statt diskriminiert oder ausgebremst, sollten die jungen Leute unterstützt werden, man wünsche sich sogar manchmal etwas mehr Toleranz für solchen „Stadtlärm“.
In einem sind sich aber alle einig – die Mitglieder des Aachener Skateboardclubs bringen sich eigenständig ein und sind mehr als tatkräftig. Um nun endlich eine langfristige Lösung zu finden, müssten alle zuständigen Parteien ins Boot geholt werden und gemeinsam arbeiten, auch bei der Suche nach Ideen für den derzeitigen Park, wenn dieser dann von den Skatern nicht mehr genutzt werden darf.

Eile geboten

Zum Schluss meldet sich noch ein Mitglied des Clubs und spricht aus, was wohl der ganze Verein denkt. Er weist nochmals auf die Dringlichkeit (nur noch wenige Wochen bis Ende Oktober) ihrer jetzigen Notlage hin und bittet um sofortigen Einsatz der Verantwortlichen. In zwei Monaten wissen die Skater nicht mehr weiter und können ihren Sport nicht ausüben.
Daraufhin gibt es großen Beifall und das Bürgerforum schließt das Thema vorerst ab, mit dem Versprechen, den Beschluss für ein weiteres Treffen zwischen Anwohnern, Verein und Stadt weiterzugeben, sowie das Projekt um den neuen Standort voranzutreiben.
So wirklich zufrieden von der letzten Stunde wirkt keiner – zu viel wurde schöngeredet, zu wenig fest beschlossen und entschieden. Nun packen die Skater aber erst einmal ihre Boards und fahren gemeinsam zu ihrem DIY Park.
Denn zumindest bis November, wollen sie den auch noch richtig nutzen können.

1. Aachener Skateboardclub in den sozialen Medien:
Instagram: @diy_aachen
Facebook: /aachenerskateboardclub

Website: www.aachener-skateboardclub.de

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