Stolberg – fast zwei Jahre nach dem Hochwasser. Angelockt wurde ich, noch bevor sich der Jahrestag zum zweiten Mal jährt, durch Fotos von einem provisorischen Spielplatz in einem Container mitten in der Stadt. Das musste ich sehen!
Am Karfreitag war ich dort. Der Ort wie ausgestorben, menschenleer. Ein paar Arbeiter trotz des Feiertags im Einsatz. Vereinzelt Fußgänger.
Das große Versorgungscamp Willy am Willy-Brandt-Platz ist verschwunden. Die letzten Einträge auf der Website der Betreiber sind vom Sommer 2022, wie ich später feststelle. Ein ganzes Jahr war es Anlaufstelle, Essensausgabe, Treffpunkt (unser Beitrag).
Im letzten Jahr war ich schockiert, dass Brücken immer noch nicht saniert waren, jetzt hat sich etwas getan, das Einfallstor in die Altstadt bekommt ein neues Gesicht.
In der Fußgängerzone die meisten Ladenlokale weiterhin vernagelt, verwaist. Fotos von den Tagen der Flut sind auf die Fassaden und ehemaligen Fensterfronten geklebt worden.
Der Traum von der Factory City oder „Fabrik City No. 1“ (Konzept Stolberg, unser Beitrag von 2022 dazu) scheint noch in weiter Ferne.
Wie läuft es inzwischen mit Beer OʼClock, der Kneipe, die in den Fluttagen Getränke durch die Trümmerberge an Helfende ausgab?
Nichts passiert. Durch die Fenster kann man immer noch durch das Haus hindurchblicken, durch die zerstörte Rückwand schaut man bis zum Vichtbach.
Das Rathaus steht noch, ist umzäunt.
Der Platz vor der ehemaligen Stadthalle ist jetzt aufgeräumt, das Eiscafé an der Ecke nach wie vor geschlossen. Hier befindet sich der neue Spielplatz. Neben Baucontainern, gefüllt mit Schutt, steht die tolle Containerlösung mit Rutsche, Schaukel, Klettermöglichkeiten. Schwarze, federnde Matten, mildern die Verletzungsgefahr an relevanten Stellen ab. Der Spielplatz ist eingezäunt, damit die Kinder nicht auf die Straße laufen können, Sitzgelegenheiten machen den Aufenthalt für die Eltern gemütlich. „Stabil“, jubelt ein kleiner Junge, freut sich über das Angebot. Sofort wird gerutscht, geschaukelt, ein Ball herumgekickt.
„Ein Container – etwas Holz – fertig!“, ruft der vielleicht Achtjährige mir zu. Zwei Freunde sind dabei, mit Abstand nähern sich die Eltern, ein weiteres Kleinkind im Kinderwagen.
Laut Patrick Haas, Bürgermeister der Stadt Stolberg wurde das Provisorium aufgestellt, weil die Wiederherstellung einiger Spielplätze in der Innenstadt noch etwas Zeit in Anspruch nimmt. Jetzt – nach fast zwei Jahren – haben die Kinder wenigstens diese Möglichkeit, sich im öffentlichen Raum zu beschäftigen.
Wirklich eine innovative Lösung. Sofort fallen einem weitere Einsatzmöglichkeiten in Krisengebieten ein. Oder an anderen Orten, die vorübergehend für Kinder attraktiv gemacht werden sollen. Wäre das nicht auch etwas für den Büchel in Aachen?
Stolberg macht inzwischen einen weitaus besseren Eindruck als noch 2022. Das Café Sahneschnitte, wiedereröffnet am 1. August 2022, hat an diesem Tag geöffnet. Es scheint komplett ausgebucht zu sein, Familien sitzen beim Brunch. Ein munteres Getümmel – sieht fast so aus, als wären alle Stolberger heute hier eingekehrt.
Alle Beiträge zu Stolberg:
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Fotos aus Stolberg, April 2023:
