Beuys


D 2017 | Regie: Andres Veiel | Mitwirkende: Joseph Beuys, Caroline Tisdall, Rhea Thönges-Stringaris, Franz von der Grinten, Johannes Stüttgen, Klaus Staeck | ab 18.05.2017
„Alles ist Kunst, jeder ist Künstler“ – diese so bekannte wie griffige Prämisse des 1986 verstorbenen Aktionskünstlers Joseph Beuys beschreibt sein Wirken wohl besser als jedes andere Zitat. Beuys war ein Rebell der Kunst, ein Phantast, auch ein Aufrührer und Neudenker. Regisseur Andres Veiel („Black Box BRD“) lässt Beuys in seinem Doku-Porträt ausführlich selbst zu Wort kommen. Zwar führte der Filmemacher auch aktuelle Interviews mit Weggefährten des Künstlers, doch der Löwenanteil der unterhaltsamen Dokumentation besteht aus Archivmaterial, in dem Beuys über sich selbst und sein Werk spricht. Andres Veiel hat hier eine ausufernde Recherchearbeit geleistet und etliche Ausschnitte zusammengetragen, die bislang nirgendwo zu sehen waren. Filmschnipsel, Tonaufnahmen und Fotos montiert Veiel zu visuell verspielten Collagen, die Beuys’ Geist gut in eine filmische Form überführen. Sehr treffend ist etwa ein Zusammenschnitt, in dem Beuys die Geschichte seines Abschusses über der Krim (er war freiwillig bei der Luftwaffe) immer wieder in neuen Variationen erzählt. Langwierige Interpretationen der Werke und Performance-Aktionen von Beuys spart das Porträt zum Glück aus, der Künstler selbst steht im Mittelpunkt. Allein die TV-artig konventionell gefilmten „Talking Heads“ in den Interviews wollen nicht so recht zum Rebellentum des Provokateurs passen. Das stört aber kaum, denn abgesehen davon lädt das stilbewusste, klugerweise nicht auf Vollständigkeit pochende Doku-Porträt zum Wieder- oder Neuentdecken eines Ausnahmekünstlers ein, dessen politisches Engagement und feiner Humor hier eine besondere Rolle spielen. Quasi nebenbei zeichnet Veiel zudem ein historisches Porträt der westdeutschen Geschichte vom Kriegsende über 1968 bis hin zur Ära Kohl.

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