Ein Kinobesuch ist ohne Frage ein tolles Erlebnis für Groß und Klein. Doch nicht jeder kann einen solchen Besuch so genießen und erleben, wie er es sollte. Seh- und hörbeeinträchtigte Menschen haben oftmals Probleme, dem Filmgeschehen auf der Leinwand zu folgen. Genau für diese Menschen wurde Ende 2013 von Seneit Debese das Projekt Greta & Starks gegründet, das sich für 100 Prozent barrierefreies Kino in Europa einsetzt. Greta ist eine App, die das Kinoerlebnis verbessern soll, indem sie Audiodeskriptionen oder Untertitel zur Verfügung stellt. Schon jetzt nutzen 450.000 Menschen Greta. MOVIE-Leser Erich Stier wünscht sich, dass noch viel mehr Menschen von diesem Service erfahren.

Die Idee

Die Idee zu Greta & Starks hatte Seneit Debese nach einem Interview mit einem sehbehinderten Mädchen, das ihr von dem Problem der nicht barrierefreien Fassungen von Filmen berichtete, sodass sie nicht mit ihren Freundinnen ins Kino könne. Debese konnte zuerst nicht glauben, dass sich bis zu diesem Zeitpunkt noch niemand um diese Benachteiligung gekümmert hatte, und machte sich als Leiterin des Verleihers „Debese Film“ selbst daran, zunächst zwei Apps für mehr Barrierefreiheit als Schnittstelle zwischen Verleihern und Kino zu entwickeln. Später legte sie die beiden Versionen Greta & Starks in der App Greta zusammen.

Wie funktioniert Greta?

Greta lässt sich kostenlos aus dem App Store oder aus Google Play herunterladen. Beim ersten Gebrauch muss sich der User zunächst anmelden beziehungsweise registrieren. Wenn die App gestartet ist, kann man den gewünschten Film mit der entsprechenden Audiodeskription – hierbei wird das Filmgeschehen genau erklärt – oder den Untertiteln herunterladen. Da die Dateien nicht groß sind, dauert der Download weniger als eine Minute. Die Filmdatei ist nun für mindestens zwei Tage in der App unter den Favoriten gespeichert. Durch den Download braucht der Nutzer also ab diesem Zeitpunkt keinen Internetzugang mehr, um die Datei abspielen zu können.

Jetzt kann das Kinoerlebnis starten. Im Kino muss nur noch auf Play gedrückt werden, sobald der Film beginnt. Die App „hört“ dann mit und synchronisiert sich passend zum Filmgeschehen. Das Abspielen funktioniert auch im Flugmodus. Damit andere Kinobesucher nicht gestört werden, müssen Audiodeskriptions-Nutzer Kopfhörer tragen. Die App ist extra dunkel gehalten. Trotzdem kann für die perfekte Einstellung die Helligkeit des Displays manuell eingestellt werden. Weiterhin lässt sich die Größe der Untertitel einstellen.

Greta & Starks arbeitet eng mit den Kinos zusammen. Wenn ein Kino Partnerkino bei Greta wird, bekommt es Material in Form von Postern, Flyern usw. zugeschickt. Partnerkinos setzen sich besonders für gemeinsame Kinoerlebnisse ein und stehen bei Fragen rund um barrierefreien Filmspaß zur Verfügung. Manche organisieren Einführungsveranstaltungen und informieren die Presse über den Service. Um die Ecke sind solche Partnerkinos neben dem Apollo Kino in Aachen das Lumen Filmtheater in Düren, das Primus Kinocenter in Eschweiler sowie das Cinema Eupen in Belgien.

Natürlich ist Greta flexibel, sodass auch einem Filmabend zu Hause mit Freunden, Familie oder alleine nichts im Weg steht – vorausgesetzt, der gewünschte Film befindet sich in der Datenbank.
Greta funktioniert auch mit der DVD- oder Blu-ray-Fassung der entsprechenden Filme.

Für wen ist Greta & Starks gemacht?

2018 nutzten rund 3,5 Millionen der 5,4 Millionen Betroffenen in Deutschland ein Hörgerät. Sehbehinderte Menschen gab es 2017 350.822. In Aachen sind rund 20.000 Menschen mittel- bis schwerhörig, 3.000 gehörlos. Die Möglichkeit, einen Film barrierefrei zu genießen, geht also ziemlich viele Menschen etwas an.

Norbert Hesselmann, Bernd Neuefeind und Erich Stier sind Greta-Nutzer. Da manche Betreiber das Nutzen von Smartphones und dergleichen in ihren Einrichtungen verboten haben, empfehlen sie Einsteigern, bereits an der Kasse Bescheid zu geben, dass man die App einsetzen möchte. Gegebenenfalls sollte man den Behindertenausweis vorlegen.
Das Nutzen der App ist laut den Anwendern unproblematisch, wenn man sich an die Vorgaben der Hersteller hält. Auch ist ein „Wiedereinfädeln“ bei einer Unterbrechung einfach, da der Einstieg der App an der richtigen Stelle erfolgt. Für die Zukunft wünschen sie sich mehr Förderung des Greta-&-Starks-Projekts, damit mehr Filme – auch ausländische Produktionen – im Untertitel- und Audiodeskriptions-Format in der App vorhanden sind. Darüber hinaus plädieren die drei Nutzer für die Installation einer Induktionsschleife im Kino oder für gegen Pfand ausleihbare Empfänger einer FM-Anlage, von denen auch Menschen ohne Hörgerät profitieren könnten.

Eine Induktionsschleife sorgt für eine direkte Tonübertragung ohne Nebengeräusche, wie zum Beispiel Popcornrascheln im Kino. Die Induktionsschleife verläuft am Rand des Raumes entlang. Die Audiosignale werden dann über die Schleife an einen Verstärker geleitet. Der wiederum sendet das Audiosignal an das Hörgerät.
FM-Anlagen funktionieren ähnlich. Hier wird allerdings das Audiosignal über Funksignale in den Raum ausgestrahlt. Die Empfangsgeräte, die man laut dem Vorschlag von Norbert Hesselmann im Kino ausleihen könnte, wandeln die Funksignale dann wieder in Schallwellen um. Der Vorteil von solchen Anlagen ist, dass das Empfangsgerät nicht automatisch das Hörgerät darstellt. So können auch Menschen ohne Hörgerät von der Anlage Nutzen ziehen.

Greta & Starks finanziert sich dadurch, dass Produzenten von Filmen bzw. Verleiher Greta beauftragen, die barrierefreie Fassung zugänglich zu machen. Dafür gibt es verschiedene Pakete, die sich Verleiher aussuchen können. Zum Beispiel können sie entscheiden, ob der Film für das ganze Land freigestellt werden soll oder beispielsweise für den gesamten deutschsprachigen Raum oder auch nur für ein bestimmtes Festival.
Da es in Deutschland gesetzlich geregelt ist, dass zu einer Filmproduktion auch eine barrierefreie Fassung produziert werden muss, lassen sich mehr deutsche Filme als ausländische Produktionen in Greta finden. Allerdings sind auch hier nicht alle Filme erhältlich, da manche Verleiher noch nicht daran interessiert sind, die barrierefreie Fassung zugänglich zu machen. Die App Greta ist das Bindeglied zwischen der barrierefreien Fassung und dem Kinospaß. Dafür versucht Greta, die Verleiher, die mit ihnen noch nicht zusammenarbeiten, darauf aufmerksam zu machen, dass gemeinsamer und barrierefreier Kinospaß wichtig ist.
Im Ausland ist die zusätzliche Produktion der barrierefreien Fassung eines Films freiwillig, weswegen manche Verleiher die Fassungen haben und manche nicht.

Greta & Starks wird von vielen Sponsoren gefördert, unter anderem bekommt das Projekt Fördergelder von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Außerdem ist Greta Gewinner zahlreicher Auszeichnungen wie des „Creative Technology Award“ im Jahr 2015 und des „Zero Project – Award Winner“ im Jahr 2019. Für Ende dieses Jahres sind zusätzlich sogenannte Datenbrillen geplant, die den Untertitel-Nutzern mehr Komfort bieten sollen, indem sie die Untertitel über ein Display-Modul in das Sichtfeld des Users projizieren. So muss das Handy oder das Tablet nicht die ganze Zeit in der Hand gehalten werden.
Von Johanna Ewald (15) und Birgit Franchy

Zum Beispiel in der App: Für Sama, Das Leben der Bäume, Enkel für Anfänger, Lindenberg! Mach dein Ding, Looking at the Stars, Narziss und Goldmund
Blu-ray und DVD – Star Wars – Der Aufstieg Skywalkers
DVD – Gut gegen Nordwind, James Bond 007 – Keine Zeit zu sterben
Blu-ray und DVD – Die Eiskönigin 2
gretaundstarks.de

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