My Little Pony am Theater Aachen

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Tyll im Theater Aachen

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Woher und Wohin im Theater Aachen

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Was Ihr wollt im Theater Aachen

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Dosenfleisch im Theater Aachen

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Der Steppenwolf im Theater Aachen

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Shockheaded Peter im Theater Aachen

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Gi3F – Gott ist drei Frauen im Theater Aachen

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Amphitryon im Theater Aachen

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Die Freiheit einer Frau im Theater Aachen

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Manchmal, immer öfter schäme ich mich meines Menschseins. Als ich den kleinen Saal der Kammer nach der Premiere von „My Little Pony“ verlasse, ist es genau diese Scham, die mich an ein unschönes Ereignis erinnert, das mich zu einer Zeit ereilte, als ich der deutschen Sprache bis zu dem Punkt mächtig war, dass ich gerade mal fehlerfrei meinen Namen und meine Adresse aufsagen konnte – natürlich auswendig gelernt, also von Können konnte keine Rede sein.

475

„Halt die Fresse, du Penner“, spricht das Volk mit der Stimme eines Mannes, der sanft vom Intendanten weggezerrt wird. Tja, das Volk ist aufmüpfig. Theateraufführungen auf dem Vorplatz flößen eben nicht jedem Respekt ein. Besagte Stimme gehörte nicht etwa einem der Darsteller, die sich zum Auftakt von „Tyll“ auf dem Theaterplatz einfanden, um auf den Dreißigjährigen Krieg einzustimmen. Besagte Stimme gehörte einem Mitglied des waschechten Volkes, das leicht alkoholisiert vielleicht nicht mehr in der Lage war, Realität und Spiel auseinanderzuhalten. Das pure Leben eben.

633

Ich mag Unorte. Nicht immer schlummert im Hässlichen die Schönheit Dornröschens, aber Unorte sind nicht per se hässlich. Unorte sind irgendwie jenseits von. Unorte bilden eine dritte Kategorie.

175

Welch wundersam geschwungene Wege die Liebe doch gehen kann! Wir begehren meist das Unmögliche, das, was uns verwehrt bleiben soll. Und ist das Glück uns hold, landen wir trotz Widrigkeiten in den Armen der geliebten Person. Ob eine selbstlose oder narzisstische Liebe im Spiel ist, wen kümmert es. Happy End ist Happy End.

495

Sind wir nicht alle ein bisschen … Dosenfleisch? Eingequetscht in welchen Behältnissen auch immer, aus welchen Umständen, durch wen auch immer. Meistens lassen wir uns gerne einquetschen, weil das nun mal irgendwie der Lauf der Dinge ist.

251

Vor Jahren schrieb ich in einer Kritik, die Inszenierung XY würde mich an ein Jasper-Jones-Gemälde erinnern, etwas wirr, vielschichtig, nicht wirklich fassbar. Zu viele Fäden, denen man schwer folgen kann.

326

Die ewige Frage: Was treibt unsere Handlungen an? Geist und Verstand oder doch etwa die Gefühle, die in unseren Körpern wüten?
Da schlüpfen die Begriffe Philosophie und Liebe in hübsche allegorische Kleidchen und wollen in ihrer Eitelkeit um die Wahrheit wetteifern. Und der Mensch ist wieder mal Spielball der eigenen Erfindung.

584

Durchdrungen von einer unbestimmten Anzahl diverser Empfindungen, die von Entzückung bis Hochachtung reichten, summte ich bei der Premierenfeier leicht geistesabwesend „This is not a freakshow“ zu den wohlbekannten Tönen von Public Image Limited.
Und genau so ist es. Diese Inszenierung ist vieles, aber eines ganz gewiss nicht: Sie ist keine Freakshow.

917

Seit dem markerschütternd sexy Schrei von Alanis Morissette in dem Film „Dogma“ von 1999 (also kurz vor der ersten vermeintlichen Apokalypse) wissen wir: Gott ist eine Frau. Gott muss eine Frau sein. Aber drei Frauen?!

410

Als einzig das ICH denkende Wesen thront der Mensch über die restlichen Kreaturen dieser Erde. Der Mensch erhebt sich dadurch in den göttlichen Olymp. (Den er sich selbst hübsch ausgedacht hat.) Nun ja, fast dorthin.

210

Der Fotograf Thomas Ruff, ehemaliger Schüler der Becher-Klasse in der Düsseldorfer Fotoschule, bezeichnete einst in einem Interview die Ästhetik der Atombombe als „furchtbar schön“. Eine seltsame Ästhetik, die zur Faszinosum der Moderne wurde. Die Inszenierung „Die (Un)Entbehrlichen“ ist erschütternd, übermütig, derangierend, philosophisch, wahrhaftig, kritisch, explosiv, humorvoll, kraftvoll, … irgendwie furchtbar schön. Überforderte Pflegekräfte, überforderte Angehörige, …

379

„Man hat mir gesagt, die Literatur dürfe niemals Gefühle zur Schau stellen, aber ich schreibe nur, um Gefühle hervorquellen zu lassen, die der Körper nicht ausdrücken kann.“

265

„… jede unglückliche Familie ist unglücklich auf ihre Weise.“ Dieses Fragment eines epochalen Satzes stammt bekanntlich nicht von John Steinbeck. Das Unglück, das der Autor über seine Figuren streut, kann sich aber mühelos in der Tolstoi’schen Welt behaupten.

301

Nis-Momme Stockmann hat wahrlich nichts mit Elias Canetti gemein, doch musste ich bereits nach dem ersten Dialog von „Das Imperium des Schönen“ an Canettis kongeniales Erstlingswerk „Die Blendung“ denken. Zwei geblendete, in den eigenen Vorstellungen und Befindlichkeiten gefangene Seelen ohne das geringste Verständnis für das Wesen des anderen. Zwei Menschen, zwei Planeten, auf getrennten Umlaufbahnen, ohne jemals einander erreichen zu können.

381

„Wer nicht an Magie glaubt, wird sie niemals entdecken.“ – sprach einst der große Roald Dahl und Recht hatte er.
Welche Rezeptur auch immer das Cocktail namens „Zauber“ braucht, Regisseur Dennis Krauß hat es gut geschüttelt, nicht gerührt, sämtliche Disney-Zutaten entfernt, Feen, Elfen und all die anderen, für uns Menschen unsichtbare Wesen, ihren angedachten Flügeln, spitzen Ohren und weiteren plakativen Merkmalen beraubt, sie schlicht und ergreifend auf menschliches, allzu menschliches reduziert … und siehe da: welch eine Magie entspringt der Bühne!

406

Ein Riss. Ein Riss im Raum und in der Zeit. Ein schmaler Spalt, gerade breit genug, um hindurch zu fallen. Wir landen. In einer in Watte gepackten Dystopie, in einem Traum mit Potenzial zum Alb, in einem vom Alltäglichen geschmückten Horror. Wir landen in der Welt von Caryl Churchill.

313

Was für ein Zirkus! … und eine ziemliche Punktlandung des Regisseurs Joan Anton Rechi. Die Artisten seiner Manege jonglieren von den ersten schrägen Tönen bis zum letzten Tropfen Blut mit so viel Kunstfertigkeit, Hingabe und offensichtlichem Spaß – da war die stürmische Ovation des Publikums der passende Abschluss einer gelungenen Premiere. Stephen Sondheim galt als …

587

Düster die Felder des Kampfes und düster die Felder der Liebe. Düster die Bühne des Mörgens. Nur in beiden Ecken zwei aufgetürmte Haufen bunter Fatboy-Sitzsäcke – wie Leichen am Rande des Schlachtfeldes liegen sie da, etwas schrill, doch umso mehr ins Auge stechend.

260

„There are more things in heaven and earth …“ Andere Zeit, anderes Stück und ein meistens völlig falsch und zusammenhanglos zitierter Satz, den William Shakespeare seinem Hamlet in den Mund gelegt hat. Und dennoch kommen mir immer wieder diese Worte in den Sinn, wenn „Ein Sommernachtstraum“ am Horizont auftaucht.

583

Sprache ist eine Droge. Sie erhebt dich in Höhen ungeahnten Ausmaße, wo dir die Luft wegbleibt und stürzt dich in die dunkelsten Verliese deines Verstandes, nur eine Haaresbreite vom Irrsinn entfernt.

589

Carmen, die wunderschöne Zigeunerin aus der Zigarettenfabrik, und Don José, katholisch konservativer Gendarm, verlieben sich. Carmens Liebe zur Freiheit, der sich sogar Theodor W. Adorno in seiner Schrift „Fantasia sopra Carmen“ gewidmet hat, drängt sie aber alsbald in die Arme des Toreros Escamillo und somit in den Tod.

255

Lulu – einst aus der Gosse gerettet, zur vornehmen Dame umerzogen, von Mann zu Mann gereicht, Femme fatale und Enfant terrible, Objekt der Begierde, doch ungeliebt. Über 20 Jahre lang (1892-1913) hat Frank Wedekind „Erdgeist“ und „Die Büchse der Pandora“ bearbeitet, um Kritiker und theateraffine Gutbürger in ihren moralischen Wertvorstellungen nicht allzu sehr an den …

454

Als verwegen werden sie bezeichnet. Ein bisschen wie Cohen oder gar Waits. Ungehobelt und lyrisch, wild und wie der zarte Wind in Norwegens Wäldern. Nun, die sieben Herren von Ljodahått sind all das und noch eine Schippe mehr. Die internationale Truppe um den norwegischen Schauspieler Magne Håvard Brekke zelebriert die Musik, und das macht sie …

240

Stammtischpolitik – nicht wenige sind der Meinung, dass das europäische Wohl in irgendeiner Kaschemme zwischen Korn, Bier und einer Pulle Wein beschlossen wird. Dominik Breuer – Autor, Regisseur, Schauspieler, Sprecher, Dozent (die Liste ist noch länger) – vom Brachland-Ensemble weiß immerhin mit Gewissheit, dass auch Europapolitiker eine Stammkneipe haben, auch wenn sie die Geschicke der Nationen vor der Lokaltür lassen.

746

Wer bin ich, wer will und wer kann ich sein? Selbstfindung und Selbstanalyse in Zeiten von Covid-19 und vielleicht ein kleiner Blick in die magische Kugel, von wegen Zukunft und so. Satte zwei Monate hatten wir Zeit. Zeit für innere Einkehr, ein wenig Atem zu holen, den Ängsten ein Schnippchen zu schlagen und uns ihnen …

554

Paterson ist Busfahrer, ein Beobachter der Kleinstadtmagie, ein stiller Poet, der die wundersam diskreten Töne des schlichten Lebens in einer aufwühlenden Geradlinigkeit auf das Papier, bzw. in sein Notizbuch transformiert.

142

Macht korrumpiert. Ein kleines Stoffbändchen, dessen Farbe und Beschaffenheit ich längst verdrängt habe und das zu seiner Zeit am rechten Hemdsärmel befestigt wurde, verwandelte Bruder, Schwester, Cousin, Cousine, Freundin oder Freund in Tyrannen. Meistens waren sie zu dritt, stolzierten hoch über den Köpfen der anderen auf dem oberen Treppenabsatz – wir, das Fußvolk, nannten sie …

97

Seit den Zeiten der patria potestas, der väterlichen Gewalt im antiken Rom, wurde der Begriff der Emanzipation, also die Entlassung oder Befreiung aus ebendieser Gewalt, einer Reihe von evolutionären Modifikationen unterworfen. Gesellschaftliche und politische Abnabelung, (Selbst-)Befreiung, Gleichheit, Mündigkeit – all dies kulminiert in dem Wort „Emanzipation“, doch trotz dieser Vielschichtigkeit des Begriffs denken die meisten …

835

Unter all den hehren Vorsätzen, die man zu gegebenen Anlässen in die Tat umzusetzen gedenkt, ist dieser wohl der spartanischste und gleichzeitig bezauberndste. Dabei ist der geistige Vater dieses schlichten Satzes alles andere als bezaubernd. Adam ist ein gewalttätiger und vorbestrafter Neonazi, kürzlich in die Obhut des vorbehaltlos optimistischen Pfarrers Ivan entlassen mit dem irrwitzigen …

746

Newton, der Mann, der einst vom Himmel fiel, um bald wieder mit dem rettenden Wasser abzuheben, ist der Schwerkraft der Erde erlegen. Menschliche Neugier und menschliche Grausamkeit haben aus dem einfühlsamen Alien ein menschliches Wrack gemacht. Vollgepumpt mit einer Fülle von Drogen, vegetiert er allzu menschlich in seinen vier Wänden dahin, mit keiner geringeren Sehnsucht …

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