Ein neuer Verein macht sich für alternative Kunst und Kultur stark

Bei der Gründungsversammlung des Getting Up! Foundation Germany e. V. am 7. März herrscht schnell Einigkeit über die Inhalte der Satzung. In der schreibt sich der Verein, der die Gemeinnützigkeit anstrebt, ein Engagement für die Kultur der Straße auf die Fahnen, hält aber weitgehend offen, welche Disziplinen aktuell oder in Zukunft darunter genau zu subsumieren sind. Klug ist das schon deshalb, weil es den Gründern in erster Linie um ein gemeinsames Fortkommen aller Künstler am Standort Aachen geht und nicht darum, einen style war vom Zaun zu brechen, wenn man noch nicht einmal über einen Zaun (geschweige denn eine Wand zum Bemalen) verfügt.

Vorbild Heerlen

Dass Einigkeit und die Einbeziehung vieler Positionen stark macht, hat man von Heerlen gelernt. Von dort sind eigens zum Termin drei Mitglieder der Getting Up! Streetart Foundation angereist. Die niederländische Foundation wurde bereits vor fünf Jahren ins Leben gerufen. Nun orientiert man sich in Aachen, nicht nur was die Namensgebung angeht, explizit an diesem Vorbild. Die Heerlener Institution gilt nicht nur unter Insidern als Erfolgsmodell. Weil man es geschafft hat, Künstler, Bürger, Politiker und Verwaltung (und zwar in dieser Reihenfolge) in ein Boot zu holen, wurde möglich, wovon man in Aachen zurzeit noch weit entfernt ist: Mit über 100 Murals ist Heerlen heute ein internationaler Hotspot für Graffitikünstler und Wandmaler. Die Szene profitiert ungemein von der Foundation, denn diese kümmert sich um „legale“ Wände und Utensilien, verwaltet ein Budget, organisiert Veranstaltungen und kann mittlerweile dank der Bedingungen, die durch sie selbst geschaffen wurden, auf einen großen Pool an internationalen und lokalen Talenten zurückgreifen. Auch notorische Bedenkenträger haben in Heerlen inzwischen mitgeschnitten, dass die Streetart sich von einem Delikt zu einem Touristenmagneten gewandelt hat. Wenn es nach der Getting Up! Foundation Germany geht, sollen in Aachen bald Heerlener Verhältnisse herrschen.

Next steps. Ein Mural und ein Art Club

Die Vereinsgründung war ein wichtiges Signal und die nächsten Schritte stehen bereits fest. Schon in den kommenden Wochen wird eine momentan sehr unansehnliche Wand an der Ecke Harscampstraße/Gottfriedstraße konkret in Angriff genommen werden. Dort wird als Gemeinschaftsprojekt ein erstes, sehr großes Mural entstehen. Die Zusage vom Eigentümer ist bereits eingeholt. Die Zusage der Künstler Judith de Leeuw und Dave de Leeuw (nicht verwandt oder verschwägert), Nash und Noah ebenfalls. Zum Auftakt werden auch die dortigen Garagentore verschönert. Man kann also einfach immer mal vorbeigehen und schauen, was so passiert. Alle genannten Künstler haben in Aachen übrigens an anderer Stelle bereits ihre Duftmarke hinterlassen. Da könnte man jetzt eine kleine Schnitzeljagd draus machen.

Um den Verein und seine Aktivitäten bekannt zu machen, vor allem aber, um Interessierten eine Möglichkeit zu geben, mal in die Szene reinzuschnuppern, findet ab sofort regelmäßig am ersten Donnerstag im Monat der Fancy Art Club statt. Ort: Raststätte, Lothringerstraße 23. Beginn immer um 15:00 Uhr. Der Termin ist dazu gedacht, sich kennenzulernen, sich unverbindlich Tipps zu holen oder einfach aus Spaß an der Sache gemeinsam mit anderen den Stift zu schwingen. Hier wird gesketched. Die Spraydose kann man also getrost zu Hause lassen.

Nahziel, Fernziel

Neben weiteren Murals ist ein Nahziel des Vereins, regelmäßig thematisch verwandte Ausstellungen, Events und Workshops zu organisieren (siehe auch Ende des Artikels). Wie oben erwähnt, kann es sich dabei durchaus um anderes als klassische Streetart handeln. Keine Scheu vor Kontaktaufnahme sollte also haben, wer etwa fotografiert, illustriert, Modedesign macht oder sich mit Bewegtbild beschäftigt. Stichworte in diesem Zusammenhang sind Plattform, Netzwerk oder Künstleragentur. The Verein is, what you make it. Wer möchte, kann gegen einen Mindestbeitrag von 20 Euro im Jahr offiziell Mitglied und Unterstützer werden.

Langfristig gedacht ist das Ziel, der alternativen Kulturcommunity in Aachen größere Akzeptanz zu verschaffen und vielleicht sogar so etwas wie das House Of Colors in Heerlen auf die Beine zu stellen. Das kulturelle Zentrum ist offen für alle Disziplinen und zeigt, was so alles geht. Und das in einer Stadt, die gerade mal ein Drittel der Einwohnerzahl Aachens hat. Hier, in Bad Aachen, hingegen wähnt man sich momentan in Sachen Kultur eher in der Diaspora, und das nicht nur, was die Kunst auf der Straße angeht. Gerade deshalb ist diese Vereinsgründung wichtig. Das Motto „No Depression!“ hat bisher schon oft geholfen und noch nie geschadet.

Nächste Veranstaltung:

Getting Up! Foundation Germany presents: „Eggs la Chapelle“, eine Ausstellung mit Werken internationaler, nationaler und lokaler Künstler. Die Werke bewegen sich zwischen Streetart, Fotografie, Illustration, Kustom / Sign Painting und Graffiti. Passend zu Ostern werden von den Künstlern exklusiv für diese Ausstellung Keramikeier gestaltet.

Ausstellende Künstler:
Dutch Connection: Amber Delahaye, Lars Ickenroth, Fish, Nash, Ntan, Powe, Alfa
Germany: Chek (Wilhelmshaven), Pyrot (Wilhelmshaven), Ale Senso (Berlin/Bergamo), Carlo Heins (Erkelenz)
Locals: Alex Elsen, Mario Turiaux, Frank Wise, Michael Gerst, Huttänzer, Tobac, Elodie Fragile, Roak 79

20.04.-28.04.2019, Raststätte, Aachen
Vernissage: 20.04.2019 ab 15:00 Uhr, Finissage: 28.04.2019 ab 15:00 Uhr
Geöffnet täglich 15:00-22:00 Uhr

Links:

Getting Up! Foundation Germany >
facebook.com/gettingupfoundationgermany
Getting Up! Street Art Foundation Heerlen > facebook.com/gettingupstreetart
House Of Colors Heerlen > houseofcolors.eu

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