Kloster am Lousberg: Besetzung seit acht Wochen, Käufer stehen noch nicht fest


Foto: Birgit Franchy

Bis zum 31. August 2021 konnten Interessierte ein Angebot für das Kloster in der Lousbergstraße 14 abgeben, das seit 12 Jahren leersteht und in einen Immobilienskandal verwickelt ist. Derzeit ist es besetzt – die Besetzerinnen und Besetzer feierten am Wochenende ein großes Fest mit der Nachbarschaft. Ihre Forderung: bleiben können.

Noch ist alles offen. Weder ist in Erfahrung zu bringen, wie viele Kaufinteressenten es gibt, noch, wann das Kloster konkret den Besitzer wechselt – geschweige denn, was dann daraus werden soll. Fest steht, dass die Stadt Aachen als potientieller Käufer Interesse an dem Komplex bekundet hat. Auch die Landmarken AG um Norbert Hermanns soll ein Angebot abgegeben haben.

Ein Vorkaufsrecht, wie beispielsweise beim Musikbunker in der Goffartstraße, hat die Stadt Aachen nicht, erläutert Stefan Herrmann vom Städtischen Presseamt auf Anfrage. Man befinde sich nach der ersten Bieterrunde im engeren Kreis der potientiellen Käufer, mehr gäbe es zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu sagen, auch nicht zu eventuellen Plänen zur Nutzung.

Von der Landmarken AG ist eine Rückmeldung auf unsere Nachfrage noch nicht erfolgt. Diese ist ein deutschlandweit agierendes Projektentwicklungsunternehmen mit Hauptsitz in Aachen. In den letzten Jahren wurden in der Stadt viele Großprojekte durch Landmarken realisiert, wie etwa das Cluster Photonic am RWTH Campus, mehrere Studierendenwohnheime oder das Quartier Guter Freund mit 70 % gefördertem Wohnraum. Derzeit wird gegenüber des Theater Aachen gebaut und die Luisenhöfe werden geplant (siehe auch „Luisenhöfe – Anwohner wollen mitreden“), im Preuswald hat Landmarken die vier größten Gebäudekomplexe von Vonovia übernommen und saniert diese derzeit. Am Sandkaul hat sich Landmarken vor einigen Jahren einmal aus einem Bauvorhaben zurückgezogen, das in der Bürgerschaft nicht gut aufgenommen worden – dieses wurde von einem anderen Investor dann dennoch umgesetzt.
Ein imageträchtiges Projekt hat der Bauprojektentwickler mit der digitalCHURCH am Blücherplatz realisiert. Bevor das Konzept hierfür umgesetzt wurde, stellte Norbert Hermanns die Kirche der Kreativszene für die Umsetzung des Hotel Total zur Verfügung (Artikel mit Bildern).

Nach eigener Aussage steht Eigentümer Norbert Hermanns (Interview: „Gehört Ihnen die Stadt?“) einer Bürgerbeteiligung offen gegenüber. Sollte das Kloster an Landmarken gehen, hat man zumindest einen Aachener Investor im Boot, der dieses Projekt nutzen kann, um etwas für sein Image zu tun.

Bevor es im Verfahren weiter geht, will Maximilian Müller von der Berliner Immobiliengesellschaft CR Management mit Kaufinteressentinnen und Interessenten Führungen durch das Gebäude machen. Die Menschen im Klosters lehnen das zu diesem Zeitpunkt ab, da sie bislang eine konstruktiven Kommunikation vermissen und es bereits Anzeigen wegen Hausfriedensbruch gegeben habe. „Natürlich haben wir Interesse an öffentlichen Diskussionen über die Zukunft des Klosters. Wir sind durchaus bereit, uns die Ideen der Kaufinteressierten anzuhören. Sie können sich gerne direkt bei uns melden. An erster Stelle steht aber, dass das Kloster kein profitorientierter Ort wird.“ sagt ein Besetzer.

Wie das gehen kann, zeigte sich in eindrucksvoller Weise am letzten Wochenende beim Klosterfest, das hunderte von Menschen in die schönen alten Gemäuer lockte. Es gab Workshops, Vorträge, Filmvorführungen, Livemusik, gemeinsames Essen und viel Austausch aller Art.

Rüdiger Haude äußert sich in einem Leserbrief an die Tageszeitung zu der Besetzung. Er ist begeistert von den jungen Leuten, die „das Kloster frech für die Allgemeinheit erobert“ haben. Ein kulturelles Zentrum sei schon innerhalb von acht Wochen entstanden und die Nachbarschaft würde echte Sympathie für das Vorhaben hegen. Er wünscht sich eine Übernahme durch die Stadt und schreibt: „Es würde unserer Stadt verdammt gut tun, die Lehren hieraus zu ziehen und mehr Raum für Selbstorganisiertes einzuräumen – und die jungen Leute, die das Kloster gerettet haben, einfach machen zu lassen.“

Die nächste Aktion im Kloster:

21.10.2021, 17:00 Uhr
Kaffee, Kuchen, Kino
zu sehen ist die Doku, die hier auch verlinkt ist:
System Dolphin: Wie Anleger Millionen verlieren
Infos:
aachenbesetzen.noblogs.org

 

Nachtrag zum 20.10.2021:

Die Besetzerinnen und Besetzer konnten am heutigen Tag noch einen Vertreter der Immobilienagentur treffen und ein Gespräch auf Augenhöhe führen.
Sie konnten dabei deutlich machen, dass ihnen wichtig ist, von potentiellen Käufern der Immobilie über Nutzungspläne informiert zu werden, bevor man diese die Immobilie zeige. Dadurch soll ein öffentlicher Diskurs gefördert werden.
Zudem möchten die Besetzerinnen und Besetzer einen Zwischennutzungsvertrag aufsetzen, um weiter als soziale und kulturelle Begegnungsstätte fungieren zu können, bis es eine neue Nutzung gibt. Weiterer Leerstand soll vermieden werden.

Nachtrag 22.10.2021:
Die Landmarken AG hat laut eigener Aussage kein Angebot abgegeben.

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