Aachen: Kooperative Führung im Centre Charlemagne und in der Printenbäckerei Klein


Foto: Birgit Franchy

Aktuell gibt es im Centre Charlemagne bis zum 29. August eine Ausstellung zur wichtigsten Öcher Spezialität: der Printe. Bei der kooperativen Führung mit der Printenbäckerei Klein werden die Kulturgeschichte der Printe und Einblicke in die Praxis der Printenherstellung vereint. In der Ausstellung wird auf die Geschichte des Traditionsgebäcks und besonders auf die Entwicklung und die Motive der Printenbackformen, sogenannte Gebäck- oder Holzmodel, eingegangen. In der Backstube der Printenbäckerei Klein kann man hingegen erleben, wie der Teig des leckeren Gebäcks hergestellt und verarbeitet wird, bevor die fertigen Printen in die Verkaufspackungen kommen.

An der „Öcher Prente“, der lokalen Spezialität Aachens, kommt man bei einem Besuch der Kaiserstadt nur schwer vorbei. Das in seiner heutigen Rezeptur seit circa 1820 in Aachen hergestellte Gewürzgebäck ist ein typisches Reisesouvenir für Besucher und ein beliebtes Mitbringsel für Freunde und Verwandte. Bei den Aachenern selbst ist die Printe nicht nur als saisonales Weihnachtsgebäck, sondern ganzjährig beliebt. Die Allgegenwärtigkeit und die Verbindung Aachens zur Printe greift das Centre Charlemagne in der aktuellen Ausstellung „Nicht nur zur Weihnachtszeit! Aachen und die Printe“ auf. Eigentlich hätte die Ausstellung gut zu der ursprünglich für dieses Jahr geplanten Heiligtumsfahrt Aachen gepasst, denn – so ist es überliefert – die Printe soll ursprünglich ein Pilgerbrot gewesen sein und war als hartes, haltbares Backwerk bei mittelalterlichen Pilgern sehr beliebt. Die Wallfahrt wurde aufgrund der Corona-Situation verschoben, die Ausstellung ist geblieben.


Ein besonderes Angebot vor allem für Familien mit Schulkindern ist die kooperative Führung mit der Printenbäckerei Klein, die einen Blick hinter die Kulissen der Printenherstellung ermöglicht. Die Führungen der Bäckerei werden auch außerhalb der Ausstellungszeit ganzjährig angeboten. Im Centre Charlemagne gibt es zudem Führungen mit Workshops für Kinder im Kitaalter, für Grundschulkinder und für Schüler und Schülerinnen ab der fünften Klasse. Dabei können die Teilnehmenden eigene Printenentwürfe gestalten und sich Werbekonzepte für die designte Printe ausdenken. Die Bastelmaterialien werden vom Museum bereitgestellt.

Printe kommt von prenten

„Tatsächlich kommt die Bezeichnung ,Printe‘ von dem niederländischen ,prent‘ und dem englischen ,print‘, also ,drucken‘ oder ,Abdruck‘, da der Teig in den Model eingedrückt wird und so seine Form erhält. Dies verweist auch darauf, dass es sich bei der Printe um ein Bildgebäck handelt“, erzählt Carmen Roebers, Kuratorin der Ausstellung. Auch wichtig zu wissen: Das geografisch geschützte Label „Aachener Printen“ dürfen nur Printen erhalten, die in Aachen oder den benachbarten Städten und Gemeinden Alsdorf, Baesweiler, Eschweiler, Stolberg, Würselen oder Roetgen hergestellt werden.
Doch wie ist die Printe, der kulinarische Stolz Aachens, überhaupt entstanden? „Nun, es gibt so einige Sagen, Mythen und Legenden, die die Entstehung der Aachener Printe umranken“, so Carmen Roebers mit einem verschwörerischen Augenzwinkern. Die verschiedenen Geschichten darüber, wie die Printe nach Aachen kam, werden bei der einstündigen Führung im Centre Charlemagne aufgegriffen und sind im Begleitband zur Ausstellung ausführlich mit Faktencheck beschrieben. Es gibt einige Quellen, die vermuten lassen, dass die ersten Bildgebäcke vermutlich im Mittelalter von Kupferschlägern aus Belgien nach Aachen kamen, denn in Dinant werden seit rund 1.000 Jahren Gebildbrote, bekannt als „Couques de Dinant“, hergestellt.

Zucker statt Honig: die Printe, wie wir sie heute kennen

Die Printe hat jedoch gebäckhistorisch auch ganz antike Vorfahren, denn bereits in den frühen Hochkulturen und spätestens ab der Antike wurden Bildergebäcke aus Mehl und Honig oder Trockenfrüchten als Süßungsmittel, die mit Gewürzen raffiniert wurden, hergestellt. Honigkuchen und Früchtebrot sind daher die Vorläufer der Printe, wie wir sie heute kennen. Honig als Zutat galt dabei der Sagenwelt zufolge als Geschenk der Götter. „Daher wurde Honigbrot zum Beispiel bei den Ägyptern als Grabbeigabe mitgegeben“, weiß Carmen Roebers zu berichten.
Verändert hat sich die Herstellung von Printen mit der Kontinentalsperre, die von Napoleon 1806 gegen England verhängt wurde und die die anderen europäischen Länder – und so auch die Aachener Printenbäcker – bei den Süßungsmitteln kreativ werden ließ. So wurden seitdem anstelle des nicht mehr lieferbaren Honigs und Zuckers aus Zuckerrohr Rübenzuckersirup und Farinzucker genutzt. Zutaten, die heute die Grundlage für die typische Aachener Hartprinte sind.

Gemodeltes Gebäck: Motive für jeden feierlichen Anlass

Herzstück der Ausstellung ist die Sammlung von sogenannten Modeln (ausgesprochen: der Mooodel, nicht wie das Laufsteg- oder Fotomodel). Dabei handelt es sich um aus Holz geschnitzte Printenformen mit kunstvollen symbolhaften Abbildungen, im Mittelalter oft religiösen Motiven, die in unterschiedlichen Größen hergestellt wurden.
So gibt es Model mit Darstellungen von Heiligen, Model, die Familienwappen abbilden, oder Model mit Tiersymbolen wie dem Storch, welche zur Geburt eines Kindes verschenkt wurden. Die ausgestellten Holzmodel stammen aus der städtischen Sammlung, aber auch aus den privaten Sammlungen Aachener Printenbäcker wie zum Beispiel Nobis, Lambertz, Drouven, Van den Daele, Klein oder der Printenbäckerei Graf. Die diversen Printenbäckereien haben auch Verpackungen aus den vergangenen Jahrzehnten, wie Metall- und Holzkisten, und alte Fotos ihrer Läden und Transportfahrzeuge für die Ausstellung beigesteuert.
Der Beruf des Formstechers oder Modelstechers ist heute quasi ausgestorben, früher war es ein wichtiger Handwerksberuf, der für die Printenbäckereien von wesentlicher Bedeutung war. „Damals war es Teil der Bäckerausbildung in Aachen, zu lernen, wie man die Model schnitzt“, erklärt Carmen Roebers. 1960 sei diese Fertigkeit sogar noch Teil der Meisterprüfung in einem Bäckerbetrieb in Aachen gewesen, erzählt die Kuratorin weiter.

Die Würze macht’s: Die Gewürze im Printenteig sind ein Familiengeheimnis

Die Printenbäckereien in Aachen produzieren jedes Jahr mehr als 4.500 Tonnen Printen. Elementar und unverkennbar sind die Gewürze, die der Printe den typischen Geschmack verleihen: Zimt, Kardamom, Anis, Nelken, Koriander und Piment – je nach Rezept auch Orangeat oder Zitronat. „Die genaue Würzmischung ist meist ein über Generationen weitergegebenes Familiengeheimnis der Printenbetriebe, es lässt sich aus keinem Bäcker herauskitzeln“, erzählt Carmen Roebers. Dies bestätigt auch Andreas Klein, der die Printenbäckerei Klein seit 2015 in vierter Generation führt und schon seit 2004 fest im Printenbetrieb arbeitet.

Andreas Klein erklärt, wie Printen hergestellt werden | Foto: Birgit Franchy

Nach der Führung im Centre Charlemagne zeigen Andreas Klein oder sein Vater, Printenbäckermeister-Senior Heinz Klein, teilnehmende Gruppen die Backstube in der Franzstraße. „Dunkles Weizenmehl, Kandiszucker, Farinzucker und Zuckersirup zum Binden. Fett ist im Gebäck nicht, dafür drei verschiedene Zuckerarten und die klassischen Printengewürze“, erklärt Andreas Klein. Bis die Printe gebacken werden kann, muss der Teig erstmal einige Tage ruhen, damit die Gewürze richtig durchziehen. Aufgrund des hohen Zuckeranteils wird der Teig steinhart. Demonstrativ lässt Andreas Klein den geruhten Teig auf den Arbeitstisch fallen, der laute Aufprall lässt an seiner Härte keinen Zweifel. Im Kneter wird der Teig dann bearbeitet, bevor er in der Form in den modernen Backofen kommt, dessen Inneres sich dreht und so für eine gleichmäßige Hitzeverteilung sorgt.
Wie wird die Hartprinte eigentlich zur Weichprinte? Denn aus dem Ofen kommt sie nur in ihrer harten Variante. „Um die weichen Varianten der Printen herzustellen, muss das Gebäck in einem Raum mit hoher Luftfeuchtigkeit gelagert werden. Dann werden die Printen mit Schokolade ummantelt, was die Feuchtigkeit in die Printe einschließt“, führt der Printenbäcker aus. Zu Hause kann man aus einer Packung Hartprinten weiche Printen zaubern, wenn man das Tütchen mit den Printen einfach ein paar Tage offen stehen lässt oder das Gebäck in eine Dose mit feuchtigkeitsspendenden Apfelschalen legt.

Man merkt, dass Andreas Klein geübt darin ist, die Führungen unterhaltend und gleichzeitig lehrreich zu gestalten, denn die Printenbäckerei bietet ganzjährig Führungen an, die man entweder direkt bei Klein oder über die Touristeninformationen buchen kann. „Das ist für uns eine tolle Möglichkeit, Interessierte aus dem Stadtkern zu uns in die Franzstraße zu ziehen, und es macht auch viel Spaß, ihnen das Printenhandwerk nahezubringen“, meint Andreas Klein.

Printen gibt es bei der Printenbäckerei Klein in vielen Varianten und Größen: von der klassischen Kräuterprinte als großer Bruchtafel und der mit Zuckerguss überzogenen Prinzessprinte bis zum von Klein erfundenen Printenkonfekt in kleinen, mundgerechten Happen oder knusprigen Printillos zum Knabbern. Es lohnt sich für jeden Öcher, aber auch für Besucher der Stadt, das lokale Gebäck nicht nur zu verkosten, sondern im Centre Charlemagne auf seine spannende Entstehungsgeschichte zurückzublicken und bei der Printenbäckerei Klein mehr über die Herstellung zu erfahren.

Centre Charlemagne:
Nicht nur zur Weihnachtszeit! Aachen und die Printe
noch bis 29. August
Eintritt: 6 Euro, ermäßigt 3 Euro
Eintritt bis einschließlich 21 Jahre kostenlos

Kooperative Führung mit der Printenbäckerei Klein:
Termine: 31.07., 14.08. und 28.08.
Beginn um 10:45 Uhr im Centre Charlemagne und anschließend von 12:00-13:00 Uhr in der Printenbäckerei Klein
Eine Anmeldung ist erforderlich.
museumsdienst@mail.aachen.de
0241 432-4998

Themenführungen im Centre Charlemagne mit Workshops:
Wir Printenkinder (für Kitas)
Printe persönlich (Klasse 1-4)
Printe neu (ab Klasse 5)
Auskunft und Buchung über den Museumsdienst Aachen, 0241 432-4998
Mehr Infos: centre-charlemagne.eu/bildung-und-vermittlung/museumspadagogik

zurück Aachen: Klimawerkstatt im Frankenberger Park
weiter Stolberg-Mühle nach dem Hochwasser: Freiwillige bauen Hilfsstruktur auf