Kolumne: Immer mit der Ruhe!


Foto: Aurbina

„Weʼre afraid to be alone. Everybody got to have a home“, singt Lennon in der zweiten Strophe seines Songs „Isolation“. Aber home alone, zu zweit oder zu dritt ist auch nicht so prickelnd. Unter Menschen sein, ist schon die zweite wahre Sonne. In einem Café in Hattingen gab es mal auf verpackten Zuckerwürfeln Sternzeichen und ihre Eigenschaften zu lesen. Bei Wassermann stand: gesellschaftssüchtig und zum Okkultismus neigend. Als ich das las, fiel mir beinahe mein ausgekochter Schafschädel aus der Hand. Familie Südzucker hatte recht. Ich war wirklich süchtig nach Gesellschaft und bin es heute noch. Nun, ein Partylöwe war ich nie, aber dieser Entzug, das sogenannte Meiden sozialer Kontakte, ist schon eine Todespranke. Auf einmal heißt es runterschrauben. Man sucht nach neuen oder alten Beschäftigungen, um die Ruhe zu bewahren. Doch „Ruhe bewahren“ ist leicht gesagt, man muss sie erst mal finden. Ich selbst würde mich als ruhelos beschreiben. Stille kann ich nur bis zu einem gewissen Grad genießen, und wenn ich zu lange das gleiche Buch lese, spüre ich bereits das Warten anderer Bücher in meinem Nacken.

Meditation kann in solchen Fällen sicherlich hilfreich sein. Aber dafür muss man schon vorher etwas für Ruhe übrig gehabt, möglichst keine guten Bücher in der Nähe und nichts auf der Herdplatte stehen haben. Vorurteilsfrei bin ich auch nicht, sage ich frei raus. Sobald dieses „Chillen für Intellektuelle“ zu sehr ins Spirituelle abdriftet, bin ich mehr als raus. Die Dynamische Meditation von Osho ist mir z. B. schon so ein Oschi. Ohne Frühstück soll man schnell und tief atmen, dann langsam in Schreien, Lachen und Weinen übergehen und das Ganze mit Hüpfen ausklingen lassen. Danke! Da kriege ich ja schon beim Lesen Herzrasen. Nicht besser ist die Meditation nach Vipassana. Diese ist zwar weniger abgefahren, aber zehn Tage Schweigen als Übung lässt einen wie mich Gefahr laufen, paranoid zu werden. Ich würde jedenfalls nach vier Tagen anfangen, mit meinen nackten Füßen zu sprechen, und ich bin mir sicher, am fünften Tag würden sie auch antworten. Halbwegs nachvollziehbar ist die Sonnen-Meditation. Nicht zu verwechseln mit faul am Strand rumliegen. Bei Sonnen-Meditation ist man quasi eine Art Solarzelle. Man tankt in aller Ruhe Licht und Wärme und soll sich im Winter daran erfreuen. Die Maus Frederick konnte das ganz gut. Wenn man das Kinderbuch richtig deutet. Man könnte diese rührende Geschichte auch als Herantasten an die Atomphysik betrachten. Denn Wärme teilen geht schon fast in Richtung Kernspaltung. Aber das würde jetzt zu weit führen. Und bevor ich noch von einigen missverstanden werde, ich habe nichts gegen das Meditieren. Das ist immer noch besser als rumsitzen und nichts tun. Ich persönlich komme halbwegs beim Schreiben runter. Ich schaue abwechselnd auf die Wörter vor mir, dann wieder zum Fenster raus aufs Teerdach der Nachbarn. Kaffee ist da auch sehr hilfreich. Gestern Abend habe ich im Bett noch gelesen, dass David Bowie übermäßig viel Kaffee getrunken haben soll, besonders in den 70ern. Und gekokst auch noch. Mehr als Kaffee getrunken. Manchmal soll er drei Tage am Stück wach geblieben sein. Das nenne ich dann wirklich ruhelos. Dabei hatte er 1967 noch meditieren gelernt. Aber was heißt das schon? Ich hatte mal eine Woche einen Französischkurs. Da ist nichts, aber auch gar nichts hängen geblieben. Und da hätte ich auch schon fast den nächsten Vorschlag: Sprachen lernen. Nie hatte man mehr Zeit als jetzt. Kann ja erst mal eine einfache Sprache sein. Hahahaha! Auf den Osterinseln fehlerfrei ein Drei-Gänge-Menü bestellen können. Hätte doch was. Aber reisen können wir vorerst nur in unseren Köpfen. Vielleicht doch an der Zeit, sich mit Meditation anzufreunden.
Live long and prosper

PS: Auf den Osterinseln spricht man Rapanui, was auf Deutsch übersetzt „Riesengummi“ heißt. Tss. Die sind ja drauf …

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